Kaliyuga

(2008 — 28 Min.)
Im Wintersemester 2007/08 gab es im Studienangebot der Indischen Philologie (FU Berlin ) unter der Veranstaltungsnummer 13678 das Praxisseminar Dokumentarfilm I. Die Veranstaltungsbeschreibung dazu las sich wie folgt:

Gegenstand der mehrsemestrigen Veranstaltung ist die selbständige Realisierung eines Dokumentarfilmprojektes von der Bildung eines arbeitsteiligen Produktionsteams über Konzeption, Dreharbeiten bis zur Postproduktion. Da die TeilnehmerInnen ein längerfristig arbeitsfähiges Produktionsteam bilden müssen, werden bei den TeinehmerInnen Teamfähigkeit, längerfristiges Engagement, Kreativität und Medienkompetenz vorausgesetzt. Die Teilnehmerzahl muß aus technischen Gründen auf 12 Personen begrenzt werden. Eine damit verbundene eventuell notwendige Auswahl der Teilnehmer erfolgt im demokratischen Diskussionsprozess. Die Veranstaltung wird prinzipiell wöchentlich 4-stündig durchgeführt. In der Produktionsphase muß mit zeitlichem Mehraufwand und der Notwendigkeit zu terminlicher Flexibilität gerechnet werden.

Der grüne Seminarfilm sollte den Titel „Orchideensterben“ tragen und den Untergang
des Abendlandes des Faches Indische Philologie an der sog. Freien Universität Berlin dokumentieren. Anhand einiger klischee-erfüllender Protagonisten (m/w) sollte gezeigt werden, welcher Typ von Mensch sich heutzutage entgegen aller Sicherheitswarnungen der Eltern dafür entscheidet, ein solches Nischen-, Exoten-, und Orchideenfach mit derart schlechten Berufsaussichten zu studieren. Desweiteren wollte man durch slapstick-artige (?) Szenen darauf hinweisen, daß die Gesellschaft auch in Weltwirtschaftskrisenzeiten eine klassisch ausgerichtete „Indienforschung“ nachwievor braucht, da Südasien (an dessen Spitze Indien) weltpolitisch, wirtschaftlich und kulturell immer gewichtiger wird.

Die gutgemeinte Teilnehmerbegrenzung mußte nicht angewandt werden. Es gab einige Treffen in verschiedenen Luftschlössern und dreimal so viele bunte Ideen – von denen manche himmelhochjauchzend festgehalten, andere emphatisch schlechtgeredet und energisch abgelehnt wurden – doch leider schien das Seminar über die Orientierungs-, Planungs-, Be- und Durchsprechungsphase nicht hinauszu-kommen. Man hängte sich die Messlatte höher als man im Kollektiv zu springen fähig war, und da viele Köche (m/w) bekanntermaßen den Brei verderben, trat ich etwas naserümpfend meinen Rückzug an: Manche Leute mögen in solcher Runde kreativ werden können; ich selbst sehe jedoch große Vorteile im kreativen Alleinarbeiten (direkte Umsetzung eigener Ideen, begrenzt nur durch die eigene Geduld; etc.).

Gegen Ende des Wintersemesters, es muß kurz vor der dem Beginn der vorlesungsfreien Zeit gewesen sein, erfuhr ich von einer Kommilitonin, daß man im Praxisseminar keine einzige Szene gedreht habe, und ein schriftliches Konzept/Regiebuch gäbe es auch nicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die ersten Minuten meines eigenen Indologie-Films bereits fertig geschnitten … [Zum Weiterlesen bitte das Bild anklicken]

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